Die Anfänge des Panik-Orchesters
Nacherzählt vom Ehrenvorsitzenden Heinrich "Tsching" Hölscher
Als man schon vor 1978 mit der offiziellen Gründungsplanung begann, war auch ein Gottesdienst mit Fahnenweihe in der Andreaskirche vorgesehen.
Allerdings hatte der damalige Pfarrer Heinrich Meyer deutliche Bedenken bei dem angedachten Namen
Panikorchester.
Wie in einem Chor wurde ihm nun der geschichtliche Hintergrund sehr lautstark vorgetragen:
Schon über Jahrhunderte wurden auf den großen Marken – und Heidegründen rund um Emsbüren bis an Rheine, Nordhorn und Lingen heran Schafherden gehalten, die von Schafhirten bewacht und betreut wurden.
Das waren ausgesprochene Einzelgänger, die man in Büren nur ganz selten sah.
In der Osternacht hatten sie ein besonderes Privileg: Dann durften sie mit ihren einfachen Instrumenten in die Kirche einziehen, um dort ihre Musik vorzustellen.
Das muss sich dann jeweils so grausig angehört haben, dass man diesem Spuk nach etlichen Jahren ein Ende gemacht hat.
Man sprach aber im Volksmund noch immer von dem damaligen „Panikorchester“!
Bild oben: Das ist einer der letzten Schäfer dieser Gegend - der Großonkel von Pöttker!
Bild unten: Schäfer des Bauern Botterschulte in Elbergen
Kurzhistorie:
(Aufgeschrieben vom Gründungschronisten Bernd Tönnis)
Schon in Quellen aus dem 17. Jahrhundert ist ein Brauch im Emsland nachzuweisen, wonach Schäfer und junge Burschen mit ihren bis zu1,50 Meter langen Mitwinter - Hörnern in der Christnacht blasend zum Hirtenamt zogen, in dem dann die Hörner beim Gloria mit den Glocken und Altarschellen zu Gesang und Orgelspiel ertönten.
Da dies naturgemäß zu Auswüchsen und Störungen des Gottesdienstes - mithin zu Panik führte, wurde mehrfach ein Verbot des Hornblasen ausgesprochen.
Das Synodaldekret vom 14. 09. 1764 gestattete aber die Ausübung dieses Brauches für Emsbüren, wenn auch unter strengen Auflagen. So durfte nur auf ein Zeichen des Küsters mit dem Blasen angefangen werden. Diese Schäfermusikanten traten 1810 zum letzten Mal auf.
Zur Feier der Pfingstbuche wurde passende Musik gesucht!
Schon seit mehreren Jahren war man nicht mehr sonderlich zufrieden bei den Bürgerschützen, dass bei den beliebten Feierlichkeiten zur Pfingstbuche in Nachfolge des traditionellen Bürsker Schützenfestes nur ein Schifferklavier erklang.
Dazu sollte besser Blasmusik gehören.
So entschlossen sich mehrere Schützenbrüder, die Unterricht an einem Blasinstrument erhalten und zumeist schon im Feuerwehrorchester mitgespielt hatten, sich zu einem gemeinsamen Übungsabend zu treffen.
Zunächst wurde nur ein Lied geübt - mit zunehmendem Erfolg. So wurde zu vorgerückter Stunde spontan beschlossen, dieses Probestück auf einer größeren Familienfeier in einer benachbarten Gaststätte unangemeldet vorzuführen:
Gräösken und Book Heinevorweg. Diese beiden Junggesellen verstanden sich ja hervorragend auf solche Intermezzen. Man zog in den Saal ein und spielte Runde um Runde das gleiche nicht enden wollende Musikstück: ein toller Erfolg. Damit war das Panikorchester aus der Taufe behoben.
Weitere Übungsabende schlossen sich an, der Kreis der Musikanten vergrößerte sich.
In diese allgemeine Euphorie platzte eine Einladung von Dr. Walter Hölscher, einem Bruder von Lulu.
Walter hatte sich als mittlerweile angesehener Facharzt an guter Adresse mitten in Münster niedergelassen.
Er machte bei einem seiner häufigen Heimaturlaube an einem Wochenende ein verlockendes Angebot an die „jungen“ Paniker:
Wenn ihr zum bekannten Münsteraner Karneval kommt und vor meiner Praxis spielt, gebe ich euch 1000 DM!
Diese Meldung verbreitete sich „panikartig“ in Büren: Es wurde aufgerüstet an Mitspielern, an Instrumenten und an Liedrepertoire. In dieser Zeit tauchte der Name „Kadell“ auf. Damit kam musikalischer Fach- und Sachverstand dazu.
Ein Bus wurde gechartert und verkleidete Bürsker (Emsländer!) fuhren in die Perle des Münsterlandes.
Zum großen Schrecken der Karnevalsexperten dort kamen die Paniker auch noch aus der falschen Richtung mit strammer Musik durch die Innenstadt marschiert.
Dennoch: Das Ständchen durfte abgehalten werden. Danach ging es in die Praxis -
eine Sternstunde für die Bürsker Musiker.
Die 1000 DM waren damit verdient. Aber diese Geldsumme hat die nächsten 20 Stunden nicht überlebt. Ein Kommentar von heute: Da waren doch auch noch die Buskosten...
Zurück in Emsbüren wurde noch am gleichen Abend beschlossen:
Im nächsten Jahr machen wir vom Panikorchester auch einen Karnevalsumzug in Emsbüren…
Fazit:
Aus der Sternstunde in Münster wurde die Geburtsstunde von Kespel helau!
Der Chronist Bernhard Tönnis "Tönne Bernd"