Der Weg von Emsbüren nach Schüttorf hat sich durch die Erschließung des Gewerbegebietes am Autobahnkreuz A30/31 stark verändert. Von Emsbüren bis zum Kreisverkehr ist es bei der alten Wegführung geblieben. Am Kreisverkehr an der „Ahlder Becke“ machte die Straße früher einen leichten Bogen nach links (Süd/Ost), um dann nach 2 Kilometern einen leichten Bogen nach rechts (Süd/West). Nach wiederum fast 2 Kilometern erreichte man Schüttorf am Sportgelände von Schüttorf 09. Ein altes Stück der Straße ist noch zu sehen zwischen der Tankstelle und der Firma Bunte.
Früher war einmal geplant, die Straße von Ratering bis zur Schüttorfer evangelischen Kirche, vorbei am „Ollen Diek“, geradeaus zu bauen.
In Schüttorf gibt es dazu noch einen Zeitzeugen, den „Alten Emsbürener Weg“. Der Bauer Schümer, der im Feld wohnte, schaffte es durch Zahlung eines Zuschusses von 1000 Goldmark, dass die Straße an seinem Grundstück entlang gebaut wurde. Das geschah ca um 1900.
Das Gebiet links der Straße ab dem Hof Hölscher, war die „Ahlder Feldmark“. Es war Allgemeingut der Gemeinde Ahlde und durfte von jedermann zur Hutung von Vieh benutzt werden.
In den Jahren 1870-1880 wurde die Feldmark zwischen den Ahlder Landwirten, die schon eigenen Besitz hatten, aufgeteilt. Mein Großvater Heinrich Hölscher (später Kaufmann und Gastwirt in Emsbüren geb. 1858) hat bei der Vermessung durch das Katasteramt Lingen als Kind geholfen, indem er die Vermessungsstäbe hielt).
Die Feldmark war unebenes Ödland entlang am „Ollen Diek“. Auf den etwas höher gelegenen Flächen wuchs die gewöhnliche Heide. Sie war ideal für Bienen. Darunter lag der Ortstein. (Als Ortstein bezeichnet man eine fast wasserundurchlässige Sandschicht).
Auf niedrigen Flächen wuchs die Glockenheide, auch Doppheide genannt. Zudem wuchs an den Tümpeln das Bentgras. Es war knotenfrei und wurde zum Reinigen der Pfeifen, der Piepen, benutzt. Daher auch der volkstümliche Name „Piepgras“. Zu sehen war der Kiebitz und der Brachvogel in drei Varianten: der große, der mittlere und der kleine „Tütwelp“. Stellenweise war die Heide mit Krüppelkiefern bewachsen. Darunter nisteten Birkhühner, Rebhühner und Wildenten.
Als die Flächen hinter dem Ahlder Bach von der Gemeinde zur Ausweisung von Gewerbeflächen aufgekauft wurden, mussten die Anwohner links der Straße nach Schüttorf ihre Wohn- und Hofstätten aufgeben. Alle bekamen innerhalb der Gemeinde Ahlde neue Bauplätze zugewiesen.
Hier soll noch einmal an die Bewohner erinnert werden:
Der erste Siedler war Bernhard Boyer. Er kaufte um das Jahr 1908 vom Bauern Otten in Ahlde direkt hinter dem Ahlder Bach ungefähr 100 Scheffelsaat (etwa 8 ha) Land zum Preis von 0,50 Reichsmark. Früher ging man davon aus, dass 8 Hektar ausreichten um eine Familie zu unterhalten. Boyer hatte früher eine Heuerstelle beim Bauern Frömming in Helschen. Nebenbei machte er Hausschlachtungen. Sein Sohn Heinrich (28 Jahre) fuhr fast täglich nach Ahlde, um das Land nutzbar zu machen. Seine Arbeitsgeräte waren ein Spaten, eine Schubkarre und ein paar Planken (Bretter), um einigermaßen mit der Karre fahren zu können. Im Jahre 1910 zog man um. Als Heuermann konnte er sein Vieh - bestehend aus 3 Kühen, 1 Rind, 1 Kalb, einigen Schweinen und Hühnern - mitnehmen. Zusätzlich hatte er noch ein paar zurückgeschnittene Obstbäume. Nach dem Umzug ging die Kultivierung zügig voran. Kaiser Wilhelm der II. gewährte für die Urbarmachung 1000 Goldmark, wenn man innerhalb von 10 Jahren fertig war. (Das geht mit den heutigen Maschinen innerhalb von ein paar Tagen).
Sohn Heinrich, der die meiste Arbeit verrichtet hatte, wurde zum Militär einberufen, zog in den I. Weltkrieg und kehrte nicht zurück. Der zweite Sohn, Hermann, kam aus dem Krieg zurück und musste den Hof übernehmen. Er war von Beruf Schmied und hatte seine Ausbildung beim Schmied Warborg in Helschen gemacht. Es gab noch drei weitere Kinder: Anna, Gerhard u. Maria.
Der zweite Siedler war Heinrich Schüring. Kurz nachdem Boyer seine Flächen gekauft hatte, kaufte auch H. Schüring- ein Nachkomme von Heuermann Schüring in Staelbergs Heuer, genannt Backs - circa 100 Scheffelsaat von Otten. H. Schüring war in der Ziegelei Staelberg beschäftigt. In seiner Freizeit und im Winter, wenn der Ziegeleibetrieb ruhte, ging er in die Feldmark, um sein Land zu kultivieren. Einige Jahre vor dem I. Weltkrieg heiratete er Maria Welling aus Mehringen, die ebenfalls bei Staelberg beschäftigt war. Sie hatten es anfangs nicht leicht, da alles neu angeschafft werden musste, aber es klappte. Auch hier brachte der erste Weltkrieg schlimme Folgen. H. Schüring musste in den Krieg, er erkrankte und kam nicht zurück. Die Frau war allein mit drei Kindern. Nur durch die Mithilfe ihrer Schwester konnte sie die Hofstelle halten.
Sie heiratete dann Karl Wintering. Von den drei Kindern kehrten zwei nicht aus dem zweiten Weltkrieg zurück. Familie Wintering hat bis zum Beginn der Erschließung des Gewerbegebietes hier gewohnt.
Auch Ignatz Veerkamp siedelte hier. Nachdem Otten an Boyer und Schüring verkauft hatte, trat auch Veerkamp mit der Bitte, Land erwerben zu wollen, an ihn heran. Eigentlich wollte Otten nicht mehr verkaufen. Da aber ein Sohn von Veerkamp bei ihm beschäftigt war, mochte er seinem Vater den Kauf nicht abschlagen. So bekam auch Veerkamp ungefähr 100 Scheffelsaat. Das Ehepaar Veerkamp hatte drei Söhne und eine Tochter. Frau Veerkamp war eine geborene Evers aus Helschen und eine Schwester zu Frau Ratering – genannt Trienen Threse. Auch bei Veerkamp schlug der I. Weltkrieg böse zu. Die beiden älteren Söhne, Gerhard und Heinrich, kehrten nicht zurück. So musste der dritte Sohn, Bernhard, die Hofstelle übernehmen. Die restlichen 60 Scheffelsaat sind bei Otten verblieben. Sie wurden aber nicht sofort kultiviert. Das geschah erst bei der Entwässerung des „Ahlder Baches“.
Die Siedler wurden „Die Feldschulten“ genannt. Sie haben später zusätzliche Arbeiten übernommen, da die 8 Hektar wohl nicht ausreichten, um davon auskömmlich leben zu können.
Der vierte Siedlerfamilie war Brunen.
Sie fand den Weg nach Ahlde auf eine andere Art und Weise.
Dazu eine Vorgeschichte: Genau wie bei Otten hatte auch Helming eine große Fläche in der Feldmark zugeteilt bekommen. 1900 kaufte der Bauer Hölscher hinter Veerkamp etwa 70 Scheffelsaat von Helming. Die Fläche wurde schnell kultiviert. Hinter dem Stück, am Weg zu Räkers, hatten Jagdpächter aus Rheine ein Jagdhaus gebaut. Nach Aufgabe der Jagd entstand hier eine Siedlerstelle, Hierhin zog Bernhard Schulte - vorher Heuermann bei Limbeck in Drievorden. Schulte hatte das Haus und die Flächen wohl gepachtet. Als der Bauer Klefing seine Hofstelle im Hundehook verkaufte, zog Schulte auf diese Hofstelle.
Nun wieder zu Brunen: Vor dem 2. Weltkrieg wurde zur Vergrösserung des Kruppschen Übungsgeländes die Ortschaft Wahn im Emsland dem Erdboden gleich gemacht. Auch der Bauer Brunen musste weichen. Während die meisten Bewohner Wahns in den neu geschaffenen Ort Rastdorf zogen, wurden für die Landwirte Flächen im gesamten Emsland gesucht. So kam Brunen auf die Hofstelle von Schulte und hat sich dort schnell zu einem großen Betrieb entwickelt.
Nach dem 2. Weltkrieg siedelte hier dann noch die Familie Möschter an. Sie war aus dem Osten vertrieben worden. Ihr Anbau bestand überwiegend aus Gemüse, das auf Märkten verkauft wurde.
Allen Siedlern wurden nach der Umwandlung ihrer Flächen in Industriegelände Baugrundstücke im Ortsteil Ahlde angeboten.
Als im Jahre 2003 die Familie Kuipers (Emsflower) nach Emsbüren kam, wurde das Gewerbegebiet um die Fläche von Emsflower erweitert.
Nach dem ersten Weltkrieg kaufte Gerhard Hoppmann, der Heuermann beim Bauern Bernhard Hopmann war (nicht verwandt), eine Ödfläche von ungefähr 5 Hektar, etwa 400 Meter vor „Ahlder Becke“ rechts der Straße. Da Bauer Hopmann in den Krieg eingezogen wurde, verwaltete der Heuermann Hoppmann dessen Hof. Da auch der Heuermann gern siedeln wollte, verkaufte Hopmann die Ödfläche. Es war wohl mehr ein Gefälligkeitsakt. Als die Inflation anfing und Hoppmann erst etwas später zahlte, konnte Hopmann sich von dem Stapel Geld noch gerade eine Kiste Zigarren leisten. Hoppmann hatte natürlich einen leichteren Start, da er sein Eigentum von der Heuerstelle mitnehmen konnte.
Der Hof Hölscher in Berge
Bis zum Jahre 1890 wohnte die Familie Hölscher in der Ahlder Feldmark. Mein Ur-Ur-Ur-Ur Großvater Heinrich (1715-1795) wird als Heuermann in Richthofheuer und in Farwickheuer (Ahlde) genannt. Mein Ur-Ur-Ur Großvater Wessel (1753-1830) wird als Heuermann in Farwickheuer erwähnt.
Ur-Ur Großvater Johann-Bernhard (1787-1863) wird als Tischler und Heuermann in Farwickheuer aufgeführt. Auch mein Urgroßvater Johann-Gerhard (1819-1895) war Tischler und Heuermann.
Da aber mein Urgroßvater schon ein eigenes Haus besaß - ohne allerdings Grundbesitz zu haben - kann man nicht mehr nicht mehr von einem Heuerling sprechen. Die bearbeiteten Ackerflächen waren vom Bauern Farwick gepachtet.
Das Haus stand am Rande der Feldmark. Es hatte auch Nebengebäude, ein Backhaus und Stallungen mit einem größeren Raum, der als Werkstatt diente.
Es liegen noch alte Zeichnungen vor. Mein Ururgroßvater hat auch mit Glas und Leinöl gehandelt. Er hat für das Pfarrhaus in Emsbüren auch die Fenster und Türen geliefert. Als dann die Feldmark aufgeteilt wurde, bekam Hölscher keine Flächen zugewiesen, da er ja kein eigenes Land hatte. Er war mit seinen Gebäuden plötzlich eingeschlossen. Es gab keine Zuwegung. Hier muss gesagt werden, dass es mit dem Besitzer Farwick keine Probleme gab. Die Vorfahren entschlossen sich aber, von dieser Stelle weg zu ziehen. In etwa 600 Meter Entfernung, an der heutigen Hofstelle, kaufte man vom Bauern Haverland etwa 5 Hektar Land. (Haverland wohnte früher an der Ecke Drievordener Str./Haverlandweg). Dieses wurde direkt kultiviert. Im Jahre 1890 hat man die Gebäude durch einen Unternehmer sorgfältig abgebaut und an der Straße neu errichtet. Von nun an begann man, sich auf die Landwirtschaft zu konzentrieren. Die alten Gebäude wurden 1910 teilweise abgerissen und durch neue ersetzt. Nach und nach entwickelte sich der Hof Hölscher zu einem der größten Höfe in Berge. Auch heute im Jahre 2018 gehört der Hof zu den größten im Ortsteil Berge.
Nach Aufzeichnungen aus den Jahren 1987 und 1988 von Gerhard Hölscher (Helschen), ehemaliger Landrat des Altkreises Lingen, mit Zustimmung seines Sohnes Werner Hölscher aus Helschen.
Aufgeschrieben und ergänzt in Jahre 2018 durch Hubert Hölscher
H.H. 2018