Gleesen
Im Besitz des Hofes Tegeder in der Bauerschaft Gleesen befindet sich eine eine ganz besondere Chronik!
Dort findet sich auch eine Familiengeschichte aus der Zeit Napoleons: Auch dieser Gleesener verstand sich auf
Nükke un Tögge:
Der Flüchtling auf dem Dachboden
Die Franzosenherrschaft unter Napoleon damals suchte auch an Menschenmaterial alles zu erfassen, was ihr greifbar war.
So wurde dann auch die Rekrutierung aller waffenfähigen Männer vorgenommen und alle eingezogen, deren man habhaft werden konnte.
Ein Sohn des Bauern Tegeder aus Gleesen mit Namen Hermann, er war wohl der 1783 geborene Johann Hermann, sollte auch eingezogen werden.
Er flüchtete aber, wie viele andere seiner Zeit. Er hielt sich im Heu der Nebenscheune verborgen. An der Rückseite derselben war ein Brett so gelockert, das es beiseite geschoben werden konnte und so Durchschlupf gewährte. Nur die Eltern und die Magd wussten von dem Geheimnis. Die Magd brachte ihm auch beim Heuholen das Essen.
So lebte er über zwei Jahre auf dem Dachboden. Am Tage schlief er, und in der Nacht ging er spazieren. So sah er, was am Tage gearbeitet war. Einmal wurde er gesehen von dem damaligen Heuermann des Hofes, genannt
Schottjan, der vormittags sehr geheimnisvoll zum Vater des Verschollenen kam und sagte, er glaube den Hermann gesehen zu haben, dieser sei hinter das Kerkhus gesprungen.
Der könne das ja aber nicht sein, dann hätte er sicher gemeldet. Dem stimmte der Vater des Verschollenen zu und meinte, es könne ja auch ein anderer gewesen sein. Es sei ja noch dunkel gewesen.
Ein andermal machte der Flüchtling eine Dummheit.
In der Roggenernte hatte man abends ein Stück nicht ganz mähen können und wollte das am folgenden Morgen nachholen. Die Sense hatte man nur aus Bequemlichkeit liegen lassen. Nun kam er bei seinem nächtlichen Gang und fand das stehende Korn und dann die Sense. Schon hatte er sie in der Hand und wollte mal probieren, er mähte eine Garbe, dann eine zweite und dann das ganze Stück.
Das hat nun großes Aufsehen am anderen Morgen gegeben. Später soll er oft gesagt haben, dass die Untätigkeit die größte Qual dieser Zeit gewesen sei.
Er versteckte sich auf dem sog. Kerkhus
BR
Ansicht früher:
Ansicht heute:
Fotos: Archiv Robben
Bauer Schulte in Bernte und die Steine im Sarg
Die Bauerschaft Gleesen gehört seit Jahrhunderten politisch zu Emsbüren, das knapp 10 Kilometer entfernt liegt.
Bis 1923 war das auch kirchlich so.
Das war von alters her ein beschwerlicher Kirchweg. Nur die Bauern hatten einen Kutschwagen, die besitzlose Landbevölkerung musste den unbefestigten Weg zu Fuß bewältigen.
So lag es - im wahrsten Sinne des Wortes – für die Gleesener nahe, ihren regelmäßigen Kirchbesuch in Bramsche (2 Kilometer entfernt) abzuhalten.
Alle Versuche, eine Umpfarrung nach dahin zu erreichen, waren durch die jeweiligen Pfarrer zu Emsbüren vereitelt worden, da ihnen dann u. a. Einnahmen wie das Messkorn aus Gleesen nicht mehr zugestanden hätten.
Dass die Bewohner von Gleesen also weiterhin kirchenamtlich zu Emsbüren gehörten, merkten sie insbesondere bei der Anwendung von Sakramenten: Bei der Taufe eines Neugeborenen musste ein Eintrag in die Kirchenbücher geschehen. Also machte man sich mit dem kleinen Täufling möglichst noch am Tag der Geburt auf den weiten Weg nach Emsbüren. Ähnlich war es bei der Erstkommunion. Die achtjährigen Kinder hatten in den Wochen der Vorbereitung auf dieses Sakrament etliche Tage zu Fuß ins amtliche Kirchdorf zu laufen.
Besonders hart schien dieses Los der unabwendbaren Zugehörigkeit nach Emsbüren bei der Bestattung der Angehörigen gewesen zu sein.
Hier hatte sich im Laufe der Jahre folgende Notlösung aufgedrängt. Man wollte offensichtlich die Liebsten dort bestatten, wo man sie auch im Zusammenhang mit dem Kirchgang auf dem Friedhof möglichst oft besuchen konnte.
Da lag in Emsbüren natürlich viel zu weit weg.
Aber eingetragen werden musste der Verstorbene in das Sterberegister in Emsbüren.
Aus dieser Notlage heraus griffen die Gleesener zu einer List:
Der Leichnam wurde in Bramsche beerdigt, ein zweiter Sarg - mit Steinen beschwert - wurde mit einer kleinen Abordnung auf dem Friedhof in Emsbüren beigesetzt. So wurde also zweimal ein Requiem gehalten.
Dass dieses „ungesetzliche“ Verhalten auf Dauer nicht geheim gehalten werden konnte, ist wohl klar.
Der damalige Pastor aus Emsbüren setzte den Bauern Schulte aus dem benachbarten Bernte, auf dessen Wiese der Fährkahn von Ende des sogenannten Leichenweges an der Gleesener Grenze ankam, zur Kontrolle des Sarges ein. Waren nur Steine in dem Sarkophag, konnten die Trauergäste gleich wieder umkehren.
Dabei hat sich noch bis in dieses Jahrhundert die Sitte gehalten, dass der Schulten – Bauer aus Bernte zum Beerdigungskaffee eines jeden verstorbenen Gleesener Landwirts eingeladen wurde.
Die jüngere Generation in Gleesen kannte die Hintergründe gar nicht mehr - aber man wusste: „Schultenbuur“ muss eingeladen werden.
Da nun die Familie Schulte ausgestorben ist, ist damit auch diese Sitte gestorben.
BR